Neuer Job als CIO – Tipps für die ersten 100 Tage
von Tina Siering
Warum die ersten 100 Tage so wichtig sind
Als CIO, Chief Information Officer, agieren Sie an den Schnittstellen von Budgets und Realitäten, müssen oftmals völlig gegensätzliche Ziele und unterschiedliche Prioritäten unter einen Hut bekommen – und dabei noch ein ausgezeichneter Teamplayer sein, der die Informations- und Datensicherheit einer Organisation mit moderner Mitarbeiterführung auf dem Weg in eine wettbewerbsfähige Zukunft gestaltet. Die ersten 100 Tage im neuen Job sind dabei entscheidend für Ihre Rolle als erfolgreicher CIO, vor allem wenn Sie in einer Organisation anfangen, in der (aus welchen Gründen auch immer) große Unzufriedenheit mit der IT herrscht.
Der erste Eindruck zählt – auch und insbesondere im neuen Job. Die richtigen Signale setzen, Fettnäpfchen erkennen und umgehen und Netzwerke aufbauen: auf Sie als Führungskraft prasseln in den ersten Wochen neue Erwartungen auf Sie ein. Von Ihren Vorgesetzten bis zu ihrem Team haben alle Mitarbeiter sehr konkrete Vorstellungen davon, wie Sie Ihre neue Rolle als CIO ausfüllen sollen. Mit einer gezielten Vorbereitung auf die ersten 100 Tage – die gemeinhin mit einem gewissen „Welpenschutz“ einhergehen – meistern Sie die Gratwanderung zwischen Zuhören und Lernen auf der einen und aktiver Gestaltung ihres Umfeldes auf der anderen Seite. Bedenken Sie immer eines: Von Ihnen wird Respekt vor den bestehenden Strukturen und Abläufen verlangt und gleichzeitig Aktivismus und Neugestaltung verlangt.
Tyrann oder Kumpeltyp?
In den ersten 100 Tagen in einem neuen Unternehmen entscheidet sich, wie Sie als Führungskraft wahrgenommen werden und wie sich Ihr weiterer Weg auf dieser Position gestalten wird. Sie bestimmen maßgeblich die Arbeitskultur in Ihrem direkten Umfeld und legen wichtige Grundsteine für die Motivation Ihrer Teams. In der vergleichsweise kurzen Zeit von nur wenigen Wochen entscheidet sich, ob Sie als schwieriger Vorgesetzter oder eher als Kumpeltyp gesehen werden – und auch, ob Sie kompetent oder überfordert wirken. Die große Herausforderung dabei: Attribute, die Sie sich in den ersten Tagen im neuen Job „erarbeitet“ haben oder die Ihnen durch Ihre Kolleginnen und Kollegen verliehen wurden, werden Sie in der restlichen Zeit auf Ihrer Position begleiten. Die Geister, die Sie riefen, werden Sie als CIO nicht mehr los.
CIOs, die die Position zum ersten Mal übernehmen, neigen aller Erfahrung nach dazu, direkt zum Einstieg allen beweisen zu wollen, dass das Unternehmen auf einen echten Troubleshooter gesetzt hat, der mit einer ausgeprägten „Hands-on-Mentalität“ alles besser machen wird als die Vorgänger. Timothy Lawless von Forrester Research hat mit der Studie „A CIO’s Guide to their first 100 days” allerdings ganz klar belegt, dass diese Strategie nicht zum gewünschten, langfristigen Erfolg führen wird. Vielmehr sollten die ersten 100 Tage als CIO darauf verwendet werden, Beziehungen innerhalb des Unternehmens aufzubauen, das Geschäftsmodell zu verstehen und die strategische Ausrichtung zu erkennen. Damit das rundum gelingt, empfiehlt sich die Aufteilung des Jobeinstiegs in drei Phasen.
Die drei Phasen des Jobeinstiegs als CIO
Claus Henninger, ein deutscher Journalist der FAZ, sagte einmal: „Wer mental unzureichend vorbereitet neue Aufgaben übernimmt, läuft in unübersehbare Risiken hinein. Der Geist muss sozusagen über den Wassern schweben, wenn die Schöpfung gelingen soll – und zwar vorher.“ Eine umfassende Vorbereitung ist für die verantwortungsvolle Position eines CIOs unverzichtbar. Schließlich tragen Sie in Ihrem neuen Job die Verantwortung zu 100 Prozent. Überraschungen aller Art sollten daher unbedingt und bestmöglich vermieden werden. Damit dies gelingt, sollten Sie Ihren Jobeinstieg planvoll im Sinne Ihrer “zukünftigen Schöpfung” verwenden. Hierzu teilen Sie die 100 Tage in drei Phasen auf:
- Phase 1: Verstehen – 20 Tage
- Phase 2: Bestandsaufnahme – 60 Tage
- Phase 3: Transformation – 20 Tage
Noch vor Ihrem ersten Arbeitstag beginnt Ihre mentale Vorbereitung: Beschäftigen Sie sich intensiv mit Ihrem neuen Arbeitgeber, wie ist das genaue Geschäftsmodell, welche Märkte werden bedient, gibt es Alleinstellungsmerkmal und sind Wettbewerbsvorteile erkennbar? Welche Erfahrungen mit IT-Lösungen und -Services hat das Unternehmen? Viele Informationen lassen sich vorab recherchieren. Gehen Sie die Bewerbungssituation nochmals durch, welche Erwartungen wurden an Sie in Ihrer neuen Funktion verknüpft.
Legen Sie Ihre mittelfristigen Ziele der nächsten ein bis drei Jahre fest, skizzieren Sie die möglichen Anforderungen in Ihrer neuen Rolle und legen Sie fest, wie und womit Sie Ihre Ziele erreichen möchten. Dieser kleine Fahrplan dient der Orientierung als CIO in den ersten 100 Tagen als CIO darstellen. Und dann kommt der erste Arbeitstag …
Phase 1: Verstehen
In den ersten 20 Tagen in Ihrem Job als CIO geht es vor allem darum, Abläufe und Prozesse innerhalb des Unternehmens und vor allem innerhalb Ihrer IT-Abteilung zu verstehen. Geben Sie nicht gleich den “Game Changer”, der von Beginn an maximale Änderung und Wirkung erzielen möchte. Das Bild, welches Sie sich vom Unternehmen gemacht haben, kann noch unvollständig sein. Passen ad-hoc Entscheidungen in dieser Phase langfristig mit der eigenen Vision und Fahrplan zusammen? Konzentrieren Sie sich darauf, Ihren Überblick zu festigen, um ein vollständiges Bild zu bekommen.
Unbedingt empfehlenswert ist hier ein persönlicher Besuch der relevanten Geschäftsbereiche, eventuell ergänzt durch eine Befragung der Mitarbeiter. So können Sie „auf dem kurzen Dienstweg“ herausfinden, was Ihre Kollegen genau von der IT erwarten, wo Verbesserungen anstehen und auch, hinter welchen Personen sich wichtige Schnittstellen zu anderen Bereichen des Unternehmens verbergen. Ein Schlüssel zum Erfolgsschlüssel ist die gute Zusammenarbeit mit den Management-Kollegen.
Denn je besser Sie Ihr neues Unternehmen und Ihre IT verstehen, desto zielgerichteter werden Ihre zukünftigen Handlungen ausfallen.
Die Zeit, die Sie zu Anfang Ihrem eigenen Team widmen, ist gewinnbringend und unterschätzen Sie nie den Einfluss und ggf. nachhaltige Wirkung Ihres Vorgängers!
Phase 2: Bestandsaufnahme
Als Neuling im Unternehmen haben Sie einen großen Vorteil: Sie können vollkommen unbelastet einen realistischen Blick auf den Ist-Zustand Ihrer Abteilung werfen. Nutzen Sie Ihre Zeit für einen Überblick über bestehende Potenziale und Risiken und führen Sie eine Inventur durch. Sehr hilfreich ist auch die Erstellung einer SWOT-Analyse für Ihren Verantwortungsbereich. Wie ist der Aufbau und Ablauf der IT organisiert? Welche Projekte laufen aktuell und welche Projekte sind für die nahe Zukunft geplant? Wie gestaltet sich die Gesamtheit der internen und externen IT-Systeme und mit welchen Dienstleistern arbeitet Ihr Unternehmen zusammen? Unverzichtbar ist auch eine Bestandsaufnahme der Qualifikationen Ihrer Mitarbeiter sowie ein Einblick in die Zusammenarbeit der einzelnen Fachbereiche. Techniken wie Vision Mapping oder Affinitätsdiagramme unterstützen Sie in dieser Phase dabei, Ihre Erkenntnisse übersichtlich und visuell einzusortieren. Sammeln Sie Ihre Ergebnisse unbedingt in einer Liste, die am Ende der Phase 2 so aussagekräftig wie nur eben möglich sein sollte. Denn anhand der gewonnenen Bestandsaufnahme leiten Sie in der nächsten Phase wichtige Transformationsprozesse ab.
Phase 3: Transformation
Die letzten 20 Tage Ihrer Onboarding Phase als CIO sollten Sie dafür verwenden, Ihrem Team zu zeigen, dass Sie die gewonnenen Unternehmens-Informationen umfassend erhalten, rundum verstanden und zuverlässig korrekt interpretiert haben. Ihr Ziel in der Transformationsphase ist, strategisch klug an die anstehenden Aufgaben heranzugehen. Der aus der Bestandsaufnahme abgeleitete Plan der Transformation sollte Optimierungsinitiativen beinhalten, die Sie in Initiativen mit hoher Priorität und solche mit mittlerer Priorität aufteilen. Hohe Priorität bekommen Initiativen, die umgehend zu einer funktionalen, qualitativen oder kostenreduzierenden Wertsteigerung führen. Niedrige Priorität haben Initiativen, die entweder keine Dringlichkeit besitzen oder deren Nutzen noch nicht deutlich identifiziert sind.
Linktipp: https://www.secion.de/de/blog/blog-details/gefragt-wie-nie-8-spannende-jobs-der-it-branche-die-jetzt-immer-wichtiger-werden
Fazit
Die ersten Tage im neuen Job sind nicht einfach – das gilt auch und insbesondere für IT-Positionen mit Führungsverantwortung. Mit einer sorgfältigen Vorbereitung auf das neue Aufgabengebiet und einer strategischen, planvollen Nutzung der ersten 100 Tage verschaffen sich CIOs nicht nur einen optimalen Überblick über die Position, sondern vermeiden auch Fehler, die sich nachhaltig auf die neue Position auswirken.